CSRD Compliance und Klimastandard: Das ist der Fahrplan
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Constantin Saleta, 30.03.2023
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) stellt viele Unternehmen vor große Fragen und Herausforderungen. Zum einen verpflichtet die CSRD mehr Unternehmen dazu, über ihre Nachhaltigkeit zu berichten. Die ersten Unternehmen müssen bereits 2025 nach den Vorgaben der CSRD über das Geschäftsjahr 2024 berichten. Der Radius wird in den zwei Folgejahren erweitert und betrifft dann auch Unternehmen, die bisher nicht von der Berichtspflicht betroffen waren. Eine erstmalige Berichterstattung geht in der Regel mit der Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse sowie dem Aufbau eines Datenmanagements einher. Außerdem müssen Prozesse etabliert, Bewusstsein geschaffen und Zuständigkeiten geregelt werden. Das benötigt Vorlaufzeit, nicht zuletzt, weil die internen Ressourcen meist erst aufgebaut werden müssen. Doch nicht nur für Unternehmen, die zum ersten Mal über ihre Nachhaltigkeit berichten müssen, ist eine frühe Auseinandersetzung mit der CSRD ratsam.
Die CSRD setzt neue Maßstäbe hinsichtlich der Art und Weise der Berichterstattung über die Nachhaltigkeit in Unternehmen. Konnten Unternehmen bisher frei wählen, ob und nach welchem Standard sie berichten, gibt es nun erstmals verpflichtende Standards: die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Diese geben die konkreten Berichtsinhalte und auch quantitative Kennzahlen vor. Ein erschwerender Faktor: Die Erhebung der Kennzahlen zieht sich bis in die Wertschöpfungskette hinein, was entsprechendes Know-how voraussetzt und neue Anforderungen an die Prozesse und das Datenmanagement stellt.
Die Entwürfe der Standards liegen seit Ende 2022 vor. Obwohl Änderungen durch die EU-Kommission zum jetzigen Zeitpunkt nicht gänzlich auszuschließen sind, bieten die ESRS-Entwürfe bereits gute Anhaltspunkte dafür, was auf die Unternehmen zukommen wird. Einer dieser Standards ist der sogenannte Klimastandard, ESRS E1.
Wie der Klimastandard mit anderen Standards zusammenhängt
Der Klimastandard ist für alle Unternehmen verpflichtend, die im Geltungsbereich der CSRD festgelegt sind. Die im Klimastandard geregelten Reporting-Anforderungen können in zwei Themenblöcken unterschieden werden: Klimaschutz und Klimarisiken. Der Klimastandard kombiniert viele Anforderungen bereits bestehender Standards und erweitert sie in manchen Aspekten. Dazu zählen zum Beispiel Science-based Targets – jetzt noch freiwillig anzuwenden, aber in Zukunft ein Must-have. Weitere Überschneidungen bestehen zum GHG Protocol und zu den TCFD-Empfehlungen. Für börsennotierte Unternehmen im Vereinigten Königreich ist ein TCFD-Reporting bereits verpflichtend. Für Unternehmen in der EU sind nicht zuletzt durch die CSRD ähnliche Entwicklungen zu erwarten.
Das heißt: Je mehr ein Unternehmen bereits in Richtung Dekarbonisierung und Klimastrategien unternommen hat, desto günstiger ist die Ausgangslage, um sich auf die CSRD vorzubereiten. Daher hat die ÖBAG bereits frühzeitig begonnen, sich auf die Reise in Richtung CSRD-Konformität zu begeben.
Die Unternehmen der ÖBAG sind durch ein etabliertes ESG-Management gut auf die kommenden Berichtspflichten vorbereitet. Einige der Unternehmen im Portfolio haben beispielsweise bereits Science based targets implementiert oder sich mit ihren transitorischen und physischen Klimarisiken beschäftigt – beides wesentliche Bestandteile des Klimastandards der CSRD.
Wesentliche Bestandteile des Klimastandards
1. Carbon Footprint inkl. Scope-3-Emissionen
Der Klimastandard fordert einen vollständigen und jährlichen Treibhausgas-Fußabdruck in Übereinstimmung mit dem GHG Protocol bzw. relevanter ISO Normen. Dieser muss auch die Scope-3-Emissionen, also Emissionen aus der Wertschöpfungskette, berücksichtigen. Diese sind zwar für viele Unternehmen sehr relevant – aber auch schwer zu fassen und zu bilanzieren. Dabei zeigt die Erfahrung: Die sogenannten Hotspots der Emissionen fallen in Unternehmen sehr unterschiedlich aus. Daher müssen sie nach dem Klimastandard individuell festgestellt werden.
2. Wissenschaftsbasierte 1,5-Grad-Ziele und Transitionsplan
Unternehmen sind aufgerufen, wissenschaftsbasierte Klimaziele über alle Scopes ihres Klimafußabdrucks zu setzen. Die Reduktionspfade der Unternehmen müssen mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar sein und auf 2030 ausgerichtet werden. Langfristige Neutralitätsziele bis 2050 sind aktuell noch optional. Um transparent aufzuzeigen, wie konkret diese ambitionierten Klimaziele erreicht werden können, müssen Unternehmen weiters einen Klima-Transitionsplan veröffentlichen. Dies ist ein klarer und maßnahmenbasierter Aktionsplan, der beschreibt, wie die Transformation der Aktivitäten, Standorte, Produktportfolios und Geschäftsmodelle hin zu 1,5 Grad konkret ausgestaltet sein soll.
3. Implementierung von Klimaaspekten in Governance
Es gibt noch viele andere Themen zum generellen Klimamanagement. Dazu gehören Aspekte wie die Koppelung der Managemententlohnung an die Klimaperformance. Angaben zum internen CO2-Preis und die Strategie zum Umgang mit CO2-Zertifikaten sind offenzulegen. Für die Erreichung der Klimaziele nach CSRD sind CO2-Zertifikate, also sogenanntes Offsetting, übrigens nicht anrechenbar.
Viele Unternehmen sind noch weit davon entfernt, all diesen Anforderungen zu entsprechen. Hervorzuheben ist, dass viele der ÖBAG-Portfoliounternehmen hier auf einem guten Pfad sind und mit ihren Reportingstandards wichtige Impulse an all jene geben können, die noch nicht so fortgeschritten sind. So hat beispielsweise VERBUND die Nachhaltigkeits-Berichterstattung bereits mit der Finanzberichterstattung verknüpft. Das ist etwas ganz Neues, das mit der CSRD umzusetzen sein wird. Unternehmen müssen zum Beispiel ihre Klimatransitionspläne und die Kosten dafür offenlegen. *
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Eckpunkte für einen erfolgreichen CSRD-Fahrplan
Unternehmen, die bereits im Sinne der bisherigen NFRD berichtspflichtig sind, müssen in ihren ab Januar 2025 veröffentlichten Lageberichten zum Geschäftsjahr 2024 die neuen Vorgaben der CSRD umsetzen. Mit folgenden Aspekten können sich Unternehmen schon jetzt auf die CSRD vorbereiten:
- Awareness schaffen
Internes Bewusstsein über das Nachhaltigkeitsmanagement hinaus ist die Basis auf dem Weg zur CSRD Compliance. Denn mit der CSRD gehen wichtige Entscheidungen einher, zum Beispiel zum Aufbau von Ressourcen, weshalb die Entscheider*innen früh involviert sein müssen. Gemeinsame Workshops mit dem Management sind eine gute Gelegenheit, um Bewusstsein und Klarheit zu schaffen und das Wissen in der Organisation zu verbreiten.
- Wesentlichkeitsanalyse und Gap Analyse
Um Klarheit für das Bündel an relevanten Themen für die Geschäftstätigkeit und Stakeholder herzuleiten, hilft die Wesentlichkeitsanalyse. Hier ist die doppelte Wesentlichkeit wieder zu berücksichtigen. Aus den Hauptanforderungen und dem Status quo sind dann die Gaps und eine Roadmap abzuleiten.
- Von der Roadmap zu den konkreten Arbeitspaketen
Durch welche Arbeitspakete die Gaps beseitigt werden können, das kann auf einer Roadmap sichtbar gemacht und bis zur Berichtspflicht geschlossen werden. Wobei man ehrlicherweise festhalten muss, dass die Arbeitspakete in der Tat oft größere Projekte sein werden, so zum Beispiel beim Datenmanagement.
Fazit
Die CSRD ist für alle Neuland und alle Unternehmen, die sich bereits jetzt mit der CSRD befassen, werden am Ende nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen in diesem neuen Weg erkennen. Eine Wesentlichkeitsanalyse durchzuführen, CSRD-Gaps herauszufinden und einen ersten Fahrplan aufzusetzen, ist schon jetzt möglich und für die Unternehmen eine Chance, das Nachhaltigkeitsmanagement einem Lackmustest zu unterziehen. Auch wenn die ESRS als delegierte Rechtsakte noch nicht vorliegen, schafft das alles einen wichtigen Zeitvorsprung.
Das Team der denkstatt begleitete im Rahmen der ÖBAG-ESG-Initiative zwei Workshops zum Thema CSRD. Gemeinsam mit den teilnehmenden Portfoliounternehmen wurden die Umweltstandards und die CSRD-Roadmap fokussiert diskutiert.
* Diese Einschätzungen basieren auf dem EFRAG ESRS E1 Klimastandard. Bis zur Regulative können noch Änderungen vorgenommen werden.
Constantin Saleta begleitet seit vielen Jahren Unternehmen bei der Transformation hin zu einer CO₂-freien Wirtschaft. Als Associate Manager und International Service Leader Decarbonization der denkstatt Gruppe gilt er als Experte für Klimastrategien auf Basis von Science-based Targets, Management von klimabezogenen Risiken und Chancen (TCFD) und nichtfinanzielle Berichterstattung (GRI, CSRD etc.).