Wie werden wir nach der Corona-Krise wirtschaften?
Johanna Feurstein, 18. Jänner 2021
Die Corona-Krise hat gesellschaftlich wie ökonomisch tiefe Spuren hinterlassen. Die Wirtschaft der Eurozone ist 2020 so stark geschrumpft wie noch nie seit Gründung des Währungsraums. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im Jahresvergleich um 6,8 Prozent gesunken, teilte das europäische Statistikamt Eurostat am 2. Februar 2021 mit. Wie leben und wirtschaften wir nach der Pandemie? Welche Instrumente und Maßnahmen aus der Krise werden bleiben und wo kehren wir rasch zu business as usual zurück?
Für 2021 gehen nationale und internationale Prognosen von einem Erholungseffekt aus, wobei das Ausmaß dieses Effekts für die einzelnen Regionen und Länder variiert und zum jetzigen Zeitpunkt noch mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet ist, wie der Verfügbarkeit von Impfstoffen. Es zeigte sich, dass aufgrund der stärkeren Kapitalisierung der Banken in Folge der Finanzkrise sowie dem raschen und entschiedenen Eingreifen der Politik und der Zentralbanken negative wirtschaftliche Auswirkungen abgemildert werden konnten.
Sowohl der Umfang der gewährten Hilfen, die beschlossenen Maßnahmen als auch das entschlossene und rasche Handeln vieler Regierungen sind beispiellos für Friedenszeiten. Damit einhergehend kam es in zahlreichen Ländern zu einem Paradigmenwechsel hinsichtlich der Grenzen zwischen Fiskal- und Geldpolitik, die sich in einer zunehmenden Verschränkung dieser beiden manifestiert.
Langfristige Folgen der Covid19-Pandemie
Neben den kurzfristigen Folgen ist davon auszugehen, dass die Pandemie langfristige Transformationen bedingt und für neue Rahmenbedingungen sorgen wird. Unter anderem in folgenden Bereichen:
-
Digitalisierung
Der Nutzen digitaler Infrastruktur war noch nie so sichtbar wie heute – mit dem Ausbruch der Pandemie und den ersten Lockdowns wurden innerhalb kürzester Zeit wesentliche Tätigkeiten in den virtuellen Raum verlagert. Auch nach der Corona-Krise kann von einem höheren Digitalisierungsgrad in vielen Unternehmen ausgegangen werden als vor der Krise.
2. De-Globalisierung
Die Vulnerabilität internationaler Lieferketten wurde bereits Anfang des Jahres deutlich, als aufgrund der Corona-Pandemie Zulieferbetriebe in China schließen mussten. Die damit einhergehenden Lieferengpässe führten aufgrund der zentralen Bedeutung Chinas als Zulieferer weltweit früh zu wirtschaftlichen Konsequenzen. Zusätzlich wurden Bedenken bezüglich der hohen Konzentration von Produktionsstätten wesentlicher Produkte in einzelnen Ländern und Regionen dieser Welt laut. Dies führte beispielsweise zu einer Beibehaltung der letzten europäischen Produktionsstätte von Penicillin in Kundl, Tirol, nach Verhandlungen im Juli 2020.
3. Nachhaltigkeit
Erste Studien zeigen, dass die aktuelle Corona-Krise die seit Jahrzehnten steigende soziale Ungleichheit in zahlreichen Ländern noch bestärkt – ein Trend, der auch im Zusammenhang mit der De-Globalisierung zu sehen ist. Gleichzeitig wurden durch die enormen Anstrengungen im Kampf gegen die Corona-Krise Chancen sowie weitere Schwierigkeiten im Kampf gegen die Klimakrise besonders sichtbar. Auch in diesem Bereich könnte es einen „Rebound-Effekt“ geben, wie nach der Finanzkrise 2008. So sanken während der Krise die CO2-Emissionen, nur um nach der Krise stärker anzusteigen, als sie es davor taten. Ob wir nach der Corona-Krise in einer „grüneren“ Welt leben, hängt stark davon ab, welche Lehren wir aus den Auswirkungen der Pandemie ziehen.
4. Höheres Inflationsrisiko
Die Rückkehr höherer Inflationsraten nach fast vier Jahrzehnten relativ stabiler und geringer Inflationsraten in wesentlichen Volkswirtschaften wird vor dem Hintergrund verschiedener Entwicklungen diskutiert: Zu diesen zählen unter anderem steigende Geldmengen im Zuge der umfassenden Hilfsmaßnahmen gegen die Corona-Krise, höhere Staatsschulden und damit einhergehend dem politischen Wunsch nach geringeren Zinsen sowie die stärkere Verflechtung von Politik und Zentralbanken, die eingangs bereits erwähnt wurde.
All diese Entwicklungen und Trends bieten Chancen und Risiken, die von den ÖBAG-Beteiligungsunternehmen operativ vorbildlich gemeistert und frühzeitig in den strategischen Prozess aufgenommen wurden.
Viele der Unternehmen im Portfolio der ÖBAG zählen zur kritischen Infrastruktur, wie Verbund, OMV, BIG, Post oder Telekom. Bei all diesen Beteiligungen verfolgt die ÖBAG eine aktive Beteiligungsstrategie. Und, die ÖBAG beschäftigt sich auch aktiv mit der Zukunft der Beteiligungen und den künftigen Herausforderungen für den Standort, etwa bei Nachhaltigkeit oder Digitalisierung. Viele dieser Entwicklungen werden auch in den Beteiligungsunternehmen der ÖBAG durch die Corona-Krise an Dynamik gewinnen.
So hat beispielsweise die Österreichische Post erstmals für die nächsten Jahre konkrete Umweltziele in ihre Strategie aufgenommen um ESG-Themen noch stärker in ihr Geschäftsfeld zu integrieren. Auch der vermehrte Fokus auf E-Commerce in Zusammenarbeit mit lokalen Händlern kann als positives Beispiel hervorgehoben werden. Ebenso hat die Aufrechterhaltung der digitalen Infrastruktur und der Energieversorgung durch die staatlichen Beteiligungsunternehmen in der Krise sehr gut funktioniert.
Sie wollen mehr über diese Themen wissen? Im Rahmen des ÖBAG-Forums „Quo vadis, Wirtschaft?“ diskutierten am 26. November 2020 rund 200 TeilnehmerInnen die Folgen der Corona-Krise – global wie national. Die Keynote wurde von Philipp Hildebrand, Vice Chairman des weltweit größten Vermögensverwalters BlackRock, gehalten.
Johanna Feurstein leitet seit 2019 das Beteiligungscontrolling der ÖBAG. Vor der ÖBAG konnte sie in verschiedenen Positionen im In- und Ausland umfassende Erfahrungen u.a. in der Unternehmensbewertung und im Energiesektor sammeln. Zusätzlich beschäftigt sich Johanna Feurstein mit den Entwicklungen rund um das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmensbereich und schloss ein Masterstudium der Umwelt- und Bioressourcenmanagement ab.