Digitale Infrastruktur als zentraler Wettbewerbs- und Standortfaktor der Zukunft
Markus Lengauer, 19.04.2021
Ein Blick auf die europäische Geschichte zeigt, dass große Fortschritte in der technologischen und wirtschaftlichen Entwicklung nicht immer von einzelnen bahnbrechenden Erfindungen abhängen, sondern vielmehr aus einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren, darunter insbesondere einer modernen leistungsfähigen Infrastruktur, entstehen.
1. Ein Blick zurück
Als Meilenstein der ersten industriellen Revolution des ausgehenden 18. Jahrhunderts wird oft die Dampfmaschine als die zentrale Erfindung hervorgehoben. Dabei wird jedoch gerne vergessen, dass der Ausbau der Kanal- und Straßeninfrastruktur der wichtigste Grundstein dafür war, diese Maschinen mit Rohstoffen zu versorgen und einen Abtransport der hergestellten Güter sicherzustellen.
Die Phase der Hochindustrialisierung im späten 19. Jahrhundert, die zweite industrielle Revolution, der rapide Aufstieg Deutschlands und der USA zu führenden Industrienationen wäre ohne den flächendeckenden Ausbau der Eisenbahn undenkbar gewesen. Diese Infrastruktur ermöglichte eine bis dahin unbekannte Effizienz beim Transport von Menschen und Gütern. Im 20. Jahrhundert begann sich mit der einsetzenden Globalisierung auch das technologische Rad für neue Infrastrukturelemente immer schneller zu drehen: Die Elektrifizierung der industriellen Produktion wurde durch den Ausbau immer dichterer Stromnetze vorangetrieben. Der Ausbau von internationalen Öl- und Gas- Netzen ging Hand in Hand mit dem Siegeszug des Automobils. Moderne globalisierte just-in-time Produktionsketten hängen von einem eng getakteten Zusammenspiel aus Schienen-, Straßen-, Luft- und Seefahrt-Infrastruktur ab.
2. Ein Blick nach vorne
So wichtig die Kanäle des 18. Jahrhunderts, die Schienen des 19. Jahrhunderts und die Stromnetze des 20. Jahrhunderts für die weitere Entwicklung waren, so bedeutend sind die Datennetze für die wirtschaftliche und technologische Entwicklung des 21. Jahrhunderts. Mit dem Einsetzen der Digitalisierung als treibende Kraft der „vierten industriellen Revolution“ erlangen seit Jahren Daten eine immer größere Bedeutung in der modernen Wirtschaft. Um Daten vom Erzeugungs- zum Verwendungsort zu übermitteln, bedarf es einer leistungsfähigen Übertragungs-Infrastruktur aus Festnetz- und Mobilfunknetzen. Diese Infrastruktur kann nicht ausgelagert oder „digitalisiert“ werden, sondern muss vor Ort, bei allen NutzerInnen, rund um die Uhr und physisch zur Verfügung stehen. Ein Ausfall „des Internets“ wäre für die meisten Unternehmen und Privathaushalte mittlerweile ebenso problematisch wie ein Stromausfall.
Ausbau der digitalen Infrastruktur in Österreich
Aufbauend auf die Telefon-, Mobilfunk- und Kabelnetzen der letzten Jahrzehnte etablieren sich Telekom-Unternehmen mittlerweile in erster Linie als Anbieter von Konnektivität und Dateninfrastruktur mit immer leistungsfähigeren Netzen aus Glasfaser und mit modernster Mobilfunktechnologie (z.B. 5G).
Das Rückgrat des österreichischen Datennetzes (Kernnetzwerk / Backbone und Aggregationsnetzwerk) ist flächendeckend mit modernen Glasfaserleitungen ausgestattet, welche eine praktisch unlimitierte Datenübertragung zu höchsten Geschwindigkeiten ermöglichen. Auf der Ebene des Zugangsnetzes, von der Vermittlungsstelle in die Privathaushalte und Unternehmen sind oft noch historische Kupferkabel im Einsatz, welche abhängig von der Leitungslänge erheblich geringere Geschwindigkeiten als Glasfaser bieten können. Dazu kommt in Österreich auch noch der sehr weit verbreitete Einsatz von mobilem Internet (Cubes). Diese können trotz des exzellent ausgebauten Mobilnetzes in Österreich abhängig vom Standort und der Nutzung durch andere Teilnehmer nicht so hohe Geschwindigkeiten und Zuverlässigkeit wie Glasfaseranschlüsse garantieren.
Dies kann in erster Linie durch einen nachhaltigen und großflächigen Ausbau der Festnetzinfrastruktur mit modernen Glasfaseranschlüssen erreicht werden. Andererseits wird insbesondere in Gebieten, wo ein Ausbau der Festnetz-Infrastruktur ökonomisch nicht abbildbar ist, auch weiterhin moderne Mobilfunktechnologie zum Einsatz kommen. Nur so kann sichergestellt werden, dass keine Region durch fehlende Anbindung an die Daten-Infrastruktur den Anschluss verliert.
Zugleich fordert das stetige Wachstum von Datenvolumen und immer neuen Anwendungsmöglichkeiten im beruflichen wie auch im privaten Bereich auch vom Endnutzer eine zentrale Überlegung ein: Lege ich bereits heute den Grundstein für die Anbindung an die Netze der Zukunft oder warte ich noch weiter ab?
Fazit
Die Geschichte hat gezeigt, dass bei großen wirtschaftlichen Schritten vorwärts stets auch die, nicht immer auf den ersten Blick erkennbare, Infrastruktur ein wesentlicher Treiber für Fortschritt und Innovation war. Eine leistungsfähige und zukunftssichere Telekom-Infrastruktur ist bereits heute ein zentraler Faktor für die künftige Wettbewerbsfähigkeit Österreichs im internationalen Vergleich. Die rasant steigenden Datenvolumina erfordern insbesondere nachhaltige Investitionen in den großflächigen Ausbau von Glasfaseranschlüssen mit hohen Bandbreiten. Dazu müssen die sowohl entsprechenden rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als auch ein Bewusstsein über die hohe Bedeutung dieser wichtigen Infrastruktur geschaffen werden. Sowohl die Investoren als auch die Nutzer der digitalen Infrastruktur stehen in der Pflicht, diese Bedeutung zu erkennen und entsprechend zu handeln. In anderen Worten: um schnell zu fahren braucht es nicht nur schnelle Autos, sondern in erster Linie gute Straßen! Die ÖBAG setzt sich bei ihrer Beteiligung, der Telekom Austria für einen Ausbau der österreichischen Glasfaserinfrastruktur ein, um die Zukunftsfähigkeit Österreichs und die Digitalisierung des Landes sicherzustellen.
Markus Lengauer betreut in der ÖBAG die Telekom Austria und FIMBAG. Darüber hinaus ist er (mit)verantwortlich für strategische Fragestellungen zu Infrastrukturthemen. Vor Eintritt in die ÖBAG im Mai 2020 war er fünf Jahre für die Erste Group im Bereich M&A und Corporate Finance Advisory tätig. Dort betreute er M&A-Transaktionen im Energie- und Infrastruktursektor und leitete Beratungsprojekte für strategische Finanzierungsfragen bei Mittelstandsunternehmen.