Geothermie: Unerschöpfliche Energie aus der Tiefe
Stephan Hannke und Peter Krois, 03.04.2024
Geothermie gewinnt angesichts der Wärmewende und des verstärkten Fokus auf nachhaltige Energiequellen zunehmend an Bedeutung. Als erneuerbare Energiequelle hat sie das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zur CO₂-Reduktion zu leisten und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Doch was genau verbirgt sich hinter Geothermie?
Geothermie nutzt die in der Erdkruste gespeicherte Wärme und ist ein Schlüssel zur Wärmewende. Pro 100 Meter Tiefe nimmt die Temperatur um etwa 3°C zu. Bei offenen, „hydrothermalen“ Systemen wird das heiße Wasser in geothermischen Reservoiren über Bohrungen erschlossen. In Österreich sind dafür Bohrungen von mehreren tausend Metern notwendig, da das Wasser erst in dieser Tiefe die notwendige Temperatur von 100°C aufweist. Dieses heiße Wasser wird mit einer Förderpumpe an die Oberfläche gebracht. Dort entzieht ein Wärmetauscher die Wärme, die in das Fernwärmenetz eingespeist wird, bevor das abgekühlte Wasser in Sinne eines Kreislaufs wieder in das Reservoir zurückgeführt wird.
Die Vorteile der Geothermie: nachhaltig, verfügbar und regional
Geothermie bietet viele Vorteile: regionale Wertschöpfung, CO₂-Neutralität und Unabhängigkeit von Energieimporten und fossilen Brennstoffen. Ihre Verfügbarkeit rund um die Uhr garantiert Versorgungssicherheit und die Erdwärme ist nach menschlichem Ermessen unerschöpflich. Zudem benötigt sie wenig Fläche und ist daher landschaftsschonend.
OMV investiert 5 Mrd. Euro in die Entwicklung klimafreundlicher Geschäftsmodelle
Als Portfoliounternehmen der ÖBAG hat sich die OMV zur Aufgabe gemacht, die Grundlagen für ein nachhaltiges Leben neu zu erfinden. Heute ist das Unternehmen in den integrierten Geschäftssegmenten Energy, Fuels & Feedstock und Chemicals & Materials tätig. Durch die schrittweise Umstellung auf Kreislaufwirtschaft und Low Carbon Business strebt die OMV bis spätestens 2050 die Netto-Null-Emission an. Bis 2030 will die OMV 5 Mrd. Euro in den Aufbau eines CO2-armen Geschäfts investieren.
deeep: OMV und Wien Energie bündeln ihre Kräfte für die Wärmewende
In Wien hat die Wärmewende bereits konkrete Formen angenommen. Das Fernwärmenetz der Stadt erstreckt sich über 1.300 Kilometer und versorgt 440.000 Haushalte mit umweltschonender Fernwärme. Das ambitionierte Ziel ist es, bis 2040 die Fernwärmeerzeugung komplett klimaneutral zu gestalten – ein Vorhaben, bei dem Geothermie wiederum eine zentrale Schlüsselrolle spielt. 2023 gründeten OMV und Wien Energie das Gemeinschaftsunternehmen „deeep Tiefengeothermie GmbH“, das die Expertise zweier Branchengrößen vereint. Ziel ist es, die Tiefengeothermie im Großraum Wien nutzbar zu machen und damit die Fernwärme in Wien zu dekarbonisieren. Wien Energie ist für die Planung und Umsetzung der obertägigen Anlagen inklusive Errichtung und Betrieb von Wärmetauschern, Wärmepumpen und die Einspeisung der Wärme in das Fernwärmenetz verantwortlich. Die OMV bringt als weltweit tätiger Energie- und Chemiekonzern jahrzehntelange Erfahrung in den Bereichen Geologie und Geophysik sowie Bohr- und Fördertechnik ein. Dazu kommen einzigartige Kenntnisse der Geologie des Wiener Beckens. Die OMV ist im Gemeinschaftsunternehmen für die untertägige Tätigkeit – die Planung und Durchführung der Bohrungen und die Heißwasserförderung – verantwortlich. Gemeinsam mit Partner:innen haben OMV und Wien Energie bereits im Rahmen des Forschungsprojekts „GeoTief Wien“ das geothermische Potenzial im östlichen Wiener Becken mithilfe einer großflächigen 3D-Seismik erkundet und nachgewiesen.
Projekt Aspern: Meilenstein für klimaneutrale Fernwärme
Das erste gemeinsame Projekt, eine Tiefengeothermieanlage in Aspern, befindet sich in der Umsetzungsphase. Geplant ist die Erzeugung von bis zu 20 Megawatt klimaneutraler Fernwärme, mit der bis zu 20.000 Wiener Haushalte versorgt werden können. Die Einsparung von bis zu 54.000 Tonnen CO2 pro Jahr unterstreicht die klimaschonende Wirkung. Die Anlage soll 2027 in Betrieb gehen. Danach sollen gemeinsam bis zu 7 Tiefengeothermieanlagen mit einer Gesamtleistung von bis zu 200 Megawatt realisiert werden, die klimaneutrale Fernwärme für bis zu 200.000 Haushalte erzeugen.
Internationale Kooperationen für neue Perspektiven
Die OMV gehen noch einen Schritt weiter und haben uns mit 6,5% an Eavor Technologies Inc. beteiligt, einem weltweit führenden Entwickler von geothermischen Lösungen mit geschlossenem Kreislauf. Die Technologie von Eavor basiert auf einem geschlossenen Kreislaufsystem, das im tiefen Untergrund installiert wird. Eine Flüssigkeit zirkuliert zwischen der Oberfläche und dem Gestein und nimmt die im Gestein gespeicherte Wärme auf. An der Oberfläche wird die gewonnene Wärme dann für Heizsysteme genutzt. Diese Partnerschaft eröffnet neue Perspektiven für die Geothermie, da diese Technologie unabhängig von Wasservorkommen in der Tiefe ist. Dadurch können Fernwärmenetze auch außerhalb hydrothermaler Gebiete aufgebaut werden, was die Nutzung der Geothermie in einem größeren geografischen Raum ermöglicht.
Die Bedeutung der Geothermie für die Wärmewende
Geothermie ist der Schlüssel für eine nachhaltige Wärmewende! Sie spart CO2 und verringert die Abhängigkeit von internationalen Energiemärkten. Doch das schaffen wir nicht allein. Durch Partnerschaften mit Stadtwerken und Technologieanbietern gelingt es, lokale Ressourcen zu nutzen und regionale Autarkie zu erreichen. Es liegt an jedem Einzelnen von uns, diese Entwicklung zu unterstützen und die Wärmewende voranzutreiben!
Stephan Hannke ist Senior Advisor und arbeitet im Bereich Low Carbon Business von OMV Energy. Er leitet mit seinem Team das Geschäftswachstum im Bereich Geothermal Closed Loop Technology (EAVOR) in Europa. Stephan hat mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Energiewirtschaft und war in verschiedenen Positionen in Österreich und im Ausland tätig. Bevor er 2006 zu OMV kam, hatte er verschiedene technische und operative Positionen bei bp und Shell inne.
Peter Krois ist seit November 2023 Technischer Geschäftsführer der deeep Tiefengeothermie GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen von OMV und Wien Energie, um die Tiefengeothermie im Großraum Wien nutzbar zu machen und damit die Fernwärme in Wien zu dekarbonisieren. Peter ist bereits seit 1990 bei der OMV tätig und hatte die letzten 20 Jahre Managementfunktionen im Bereich Exploration und Produktion in zentralen Konzernbereichen inne und mehrere Auslandsentsendungen (UK, Pakistan, Norwegen).