Edith Hlawati: Die Rolle der ÖBAG noch stärker in den Köpfen der Menschen verankern
Michael Mauritz, 03.07.2024
Die ÖBAG ist heuer fünf Jahre alt geworden. Ist das ein Grund zum Feiern?
Wenn man sich die Ergebnisse ansieht, dann kann man schon ein wenig stolz sein. Wir haben seit unserem Bestehen rund EUR 5,7 Mrd. an Dividenden ans Budget abgeliefert und konnten den Wert unseres Portfolios auf mehr als EUR 32 Mrd. steigern.*
Und die Struktur der ÖBAG? Hält diese, was sie vor fünf Jahren versprochen hat?
Aus meiner Sicht ja, absolut. Die ÖBAG hat die richtige Struktur im Hier und Jetzt. Wir können mit unserem kleinen Team an Expertinnen und Experten den gesetzlichen Auftrag vollumfänglich erfüllen. Dabei verfolgen wir einen aktiven Beteiligungsansatz und bringen uns in die Weiterentwicklung der Unternehmen ein. Gerade in den letzten beiden Jahren konnten wir zeigen, dass wir die Interessen Österreichs in den Beteiligungsunternehmen sehr gut vertreten haben – im Sinn der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, im Sinn des Wirtschaftsstandorts und auch im Sinn der Ausrichtung der Beteiligungen der Republik.
Wo würden Sie die ÖBAG gerne in fünf Jahren sehen?
Ich setze alles daran, die ÖBAG als einen stabilen, wesentlichen Teil des wirtschaftlichen Ökosystems zu positionieren und würde mich freuen, wenn diese Rolle der ÖBAG in fünf Jahren noch stärker in den Köpfen der Menschen verankert ist.
Was sind denn aus Ihrer Sicht die größten Baustellen bei den Beteiligungsunternehmen?
Die Frage finde ich etwas irreführend, denn kein Unternehmen hat „Baustellen“. Was alle gemeinsam haben: Sie stehen vor strategischen Weichenstellungen. Bei manchen wurden diese durch exogene Faktoren wie die Energiepreise nach dem Beginn des entsetzlichen Krieges in der Ukraine ausgelöst. Bei anderen sind es Veränderungen der Rahmenbedingungen, die teilweise noch auf die Covid-Pandemie zurückgehen, oder auf veränderte rechtliche Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Lizenzvergabe bei den Casinos. Aber Baustellen sehe ich keine.
Bei Ihrem Antritt haben Sie die Fahne der Corporate Governance hochgehalten. Was ist denn in diesem Bereich bisher passiert?
Ich finde sehr viel. Allerdings läuft das oft unter der Wahrnehmungsschwelle öffentlicher Diskussionen – zumindest so lange alles gut läuft. Einerseits haben wir begonnen, uns mit unseren Co-Investoren, den großen Fonds bzw. den Stimmrechtsvertretern zu vernetzen. So nehmen wir auch auf wesentliche Entwicklungen im Bereich der Corporate Governance auf internationaler Ebene Rücksicht und binden diese in unsere Arbeit ein. Und andererseits haben wir, ohne große öffentliche Diskussion, seit 2022 insgesamt 57 Aufsichtsratspositionen verlängert oder neu besetzt. Auch die Besetzung bzw. Verlängerung von 15 Vorstandsmandaten ging im vergangenen Jahr ohne Aufheben über die Bühne. Das werte ich als Zeichen, dass wir da einiges richtig gemacht haben.
Wie laufen diese Besetzungen ab?
Die Basis für jede Personalentscheidung bildet eine Qualifikationsmatrix, die wir für jeden Aufsichtsrat aufstellen. Darauf basierend suchen wir – gemeinsam mit einem Headhunter – Fachexpertinnen und Fachexperten. Dabei ist uns wichtig, dass diese nicht nur die notwendige Expertise einbringen, sondern sich gleichzeitig bewusst sind, dass die ÖBAG-Portfolio-Unternehmen durch einen staatlichen Kernaktionär mehr als nur das Ziel der Gewinnmaximierung verfolgen. Die verantwortungsvolle Aufgabe macht diese Tätigkeit auch attraktiv für viele nationale und internationale Persönlichkeiten.
Und wie steht es um das Ziel, Vorstandspositionen stärker mit weiblichen Führungskräften zu besetzen – welche Fortschritte konnten hier erzielt werden?
Wenn ich mir die ÖBAG-Beteiligungsunternehmen ansehe, dann liegen wir bei den Aufsichtsrätinnen mit 53 % deutlich über dem Durchschnitt in Österreich und weit über der gesetzlichen Quote. Das ist für mich eine gute Basis für weitere Schritte. Bei den Vorständen sieht es generell und auch bei unseren Unternehmen leider noch anders aus. Aber auch hier gibt es positive Veränderungen, siehe OMV, APK und VERBUND. Das Gremium Vorstand ist deutlich kleiner als ein Aufsichtsrat und die Vorstandsverträge laufen hierzulande deutlich länger. Daher wird es hier noch Zeit brauchen. Es geht zuallererst immer um die Qualifikation der Kandidatinnen und Kandidaten für die Positionen. Eigentlich wollen wir einen Mindshift bewirken. Das Thema sollte als Selbstverständlichkeit angegangen werden. Das ist mein Ziel und dafür setze ich mich ein.
Welche Bemühungen unternimmt die ÖBAG im Bereich Klima und Umwelt?
Im Sinne des Wirtschaftsstandortes Österreich setzen wir uns dafür ein, dass unsere Leitbetriebe eine Vorreiterrolle im Bereich Klima und Umwelt im Land einnehmen. Wir setzen hier signifikante Ressourcen ein, um hier strategische Weichen neu zu stellen. Die ÖBAG betreibt seit mehreren Jahren ein sehr detailliertes CO2-Tracking. Das ermöglicht uns, portfolioübergreifende Fortschritte zu messen und Handlungsfelder abzuleiten. Zwischen 2019 und 2023 sind beispielsweise die Emissionen in dem Beteiligungsportfolio der ÖBAG um 34 % gesunken.** Im gesamtösterreichischen Vergleich ist das ÖBAG-Portfolio in Sachen Emissionsreduktion somit stark aufgestellt und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung unserer Klimaziele. Auch bei der ESG-spezifischen Managementvergütung konnten wir erreichen, dass alle Unternehmen mittlerweile Umwelt und/oder soziale Kriterien in der kurzfristigen bzw. fallweise in der langfristigen variablen Vergütung inkludiert haben. Das war bis dato keine Selbstverständlichkeit, ist aber ein wirkungsvoller Hebel, um Transformationen in den Unternehmen anzustoßen bzw. diese dabei zu unterstützen.
Die ÖBAG ist Teil des heimischen Ökosystems an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft. Wie fühlt sich das an?
Da wird immer sehr viel von außen hineininterpretiert. Die Arbeit zwischen dem staatlichen Eigentümervertreter und uns ist sehr professionell. Ich spüre hier keine Einmischung in strategische Fragen der Beteiligungsunternehmen oder in Personalentscheidungen. Natürlich informiere ich meinen Eigentümer über wichtige Themen, die anstehen. Es geht schließlich um das Eigentum der Republik.
Wie beurteilen Sie die Performance der ÖBAG-Beteiligungen?
Alle Beteiligungsunternehmen haben im vergangenen Jahr eine gute Leistung erbracht – trotz herausfordernder Rahmenbedingungen. Das spiegelt sich auch in der neuerlich sehr hohen Dividende in Höhe von rund EUR 1,67 Mrd. wider, die die ÖBAG der Republik zukommen lässt. Insofern kann ich kein Unternehmen im Einzelnen hervorheben, sondern nur allen Unternehmen im ÖBAG-Portfolio und vor allem den dahinterstehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Teams und Vorständen zu ihrer Leistung gratulieren.
Sie sind mit einer veränderten Führungsstruktur angetreten, haben einen erweiterten Vorstand eingeführt. Hat sich das bewährt?
Aus meiner Sicht funktioniert die Entscheidungsfindung innerhalb der ÖBAG ganz ausgezeichnet. Wir haben sowohl in der obersten Führungsebene als auch auf Ebene der Beteiligungsmanager ein ausgezeichnetes Team. Über die Beteiligungsmanager und den Aufsichtsrat können wir unsere strategischen Vorstellungen gezielt einbringen.
Ihre Bestellung war von der Kritik begleitet, sie wären eine Verwalterin und keine Gestalterin.
Ich finde, wir waren ziemlich aktiv und haben in den letzten beiden Jahren mehr industrie- und standortpolitische Entscheidungen getroffen als in den drei Jahren davor. Einen Syndikatsvertrag um zehn Jahre zu verlängern, die Funktürme in ein eigenes Unternehmen abzuspalten – ebenfalls ausgestattet mit einem zehnjährigen Syndikatsvertrag – und an die Börse zu bringen sind Meilensteine, auf die wir als ÖBAG zu Recht stolz sind. Wir gestalten über die Aufsichtsräte, denn dort werden die strategischen Entscheidungen für die Beteiligungen getroffen. Und eines ist mir schon wichtig zu sagen: Ich melde mich öffentlich insbesondere dann zu Wort, wenn es wesentliche Entscheidungen zu kommunizieren gilt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview mit Edith Hlawati erschien im Geschäftsbericht 2023 der ÖBAG.
* ÖBAG-Dividende, die im Jahr 2024 ausgeschüttet wird
(EUR 930 Mio. und VERBUND-Dividende in der Höhe
von EUR 735,31 Mio.).
** 34 % beziehen sich auf Scope 1 und 2 Emissionen;
zwischen 2021 und 2022 sind die Emissionen im Portfolio
um 12,3 % gesunken, vgl. dazu die Gesamtemissionen
lt. Umweltbundesamt für 2022: -5,9 % in Österreich.